KIT-Expertin zu aktuellem Thema: Klimaschutz, Biodiversität und soziale Gerechtigkeit müssen zusammen gedacht werden

Landwirtschaftlich genutzte FlächeMarkus Breig, KIT

Der Kampf gegen die Erderwärmung und für eine nachhaltige Entwicklung kann nur erfolgreich sein, wenn Gesellschaft und Politik die Themen Klimaschutz, Biodiversität und soziale Gerechtigkeit als Gesamtheit angehen – zu diesem Ergebnis kommt der Workshop-Bericht „Artenvielfalt, Ökosysteme und Klimawandel“ von Expertinnen und Experten des Weltbiodiversitätsrates IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) und des Weltklimarates IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), der heute Nachmittag (10.06.2021) veröffentlicht wird. Der Bericht zeigt zudem erneut auf, dass das konsequente Reduzieren von anthropogenen CO2-Emissionen für Klima- und Naturschutz essenziell ist.
 
„Wir müssen Klima- und Umweltschutz zusammen denken. Denn Maßnahmen, die sich beispielsweise allein auf den Klimaschutz konzentrieren, können durchaus auch negativ für die Biodiversität und für die Gesellschaft sein“, sagt Professorin Almut Arneth vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), eine der Autorinnen des Berichts. So gehe es darum, Konkurrenz um Landflächen zu vermeiden, etwa beim großflächigen Anbau von Bioenergiepflanzen wie Soja, Elefantengras oder Ölpalmen. Beim Aufforsten von Wäldern gelte es, darauf zu achten, Ackerflächen nicht so weit zu reduzieren, dass Nahrungsmittelpreise enorm steigen.
 
Um die Artenvielfalt zu sichern, ausreichend Nahrungsmittel zu produzieren, den Ausstoß von Treibhausgasen zu minimieren und gleichzeitig die Kohlenstoffspeicher der Wälder und Böden, auch des Meeresbodens, im maximalen Umfang zu erhalten, müssten Land- und Forstwirtschaft sowie Küstennutzung neu durchdacht werden. Beim Aufforsten von Wäldern etwa könne die Wahl der Baumarten entscheidend sein. „Ein Wald bindet CO2 – unabhängig davon, ob es eine Monokultur ist oder ein naturnaher Mischwald. Letzterer hat aber einen hohen Biodiversitätsmehrwert und ist weniger anfällig für negative Auswirkungen extremer Wetterereignisse und damit eng verbundene zusätzliche Stressfaktoren wie Schädlingsbefall“, so Arneth. „Wir müssen alles dafür tun, unsere natürlichen Ökosysteme zu erhalten und artenreiche Ökosysteme, die auch als Kohlenstoffspeicher dienen, zu renaturieren.“
 
Der Workshop-Bericht zeige auch, dass fossile Emissionen sich nicht mit Biodiversitätsschutz verrechnen ließen. „Fossile Treibhausgasemissionen mit Renaturierungs- und Naturschutz-Maßnahmen auszugleichen, reicht aber nicht aus, um die Klimaerwärmung zu stoppen. Die Natur allein kann uns nicht retten“, warnt die Klimaforscherin. „Es ist nun dringend erforderlich, zusätzlich fossile Emissionen und Emissionen der Landwirtschaft drastisch und schnell zu reduzieren.“
 
Der IPBES-IPCC Workshop-Bericht kann nach Erscheinen hier heruntergeladen werden: www.ipbes.net/BiodiversityClimateScience